Am 25. Mai 2014 öffnen in Deutschland die Wahllokale für die direkte Wahl des Europäischen Parlaments. Diese Wahljahr könnte zu einem großen Moment für die Europäische Union werden. Deshalb hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
Von Niklas Phillip
Was wird gewähltt?
Im Grunde verläuft die Politik der EU auf drei Eben: (1) Über den Staaten, also „supranational“ handelt die EU-Kommision. (2) Zwischen den Staaten „intergouvernmental“ regiert der Europäische Rat, der aus Regierungsvertretern der Mitgliedsstaaten besteht. (3) Zwischen den Menschen, oder deren Verterter „subnational“ ist das Europäische Parlament zuständig.
Hier wird es interessant, denn EU-Bürger können direkt die Parteien der Abgeordneten des Europäischen Parlaments wählen. Derzeit bilden 751 Abgeordneten aus 28 Mitgliedsstaaten das Europäische Parlament. Das Europäische Parlament besitzt in der EU das abschließende Haushaltsrecht. Es darf, vereinfacht und wie der Name schon sagt, über den „EU-Haushalt“ bestimmen und die finanziellen Einnahmen und Ausgaben verwalten. Blöderweise ist der EU-Haushalt im Verhältnis zu der wirtschaftlichen Stärke der EU sehr klein. Sein Umfang beträgt nur knapp ein Prozent des europäischen Bruttoinlandsprodukte, welches die Summe aller Bruttoinlandsprodukte der EU darstellt. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass die Verwaltung des Sozialsystems (Rente, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung) noch bei den Mitgliedsnationen liegt. So wird leider auch die Verantwortung des EU-Parlaments geschmälert.
Außerdem kontrolliert das Europäische Parlament die Europäische Kommission und es erörtert und verabschiedet mit dem Europäischen Rat die Rechtsvorschriften wie beispielsweise Gesetze oder Richtlinien. Jedoch kann das Parlament keine eigenen Gesetzesentwürfe zur Abstimmung vorlegen (es hat kein Initiativrecht). Dies beschränkt seine Kompetenzen wiederum. Daher kommt das schwerfällige und bürokratische Image des Europäischen Parlaments.
Wie wird gewählt?
Wie oben schon beschrieben, zählt das Parlament mit Sitz in Straßbourg bei dieser Wahl 751 Sitze. Jeder Mitgliedsstaat hat dabei eine festgelegte Anzahl an Mandaten, also Vertretern der Wähler, die nach den Bevölkerungszahlen errechnet werden. Es findet dabei als eine Angleichung zwischen sehr großen und sehr kleinen Staaten statt, um ein faires Gleichgewicht zu schaffen.
In Europa ergeben sich nun mindestens 6 und höchstens 96 Mandate pro Mitgliedsstaat im Parlament. Deutschland besitzt die Höchstzahl an Sitzen. Die Sitze werden nachdem „Verhältniswahlverfahren“ besetzt, das heißt die Stimmenpräferenzen in den Mitgliedsstaaten werden proportional auf Mandate verteilt. So soll ein möglichst genaues Abbild der „EU-Volksstimme“ entstehen.
Wer wird gewählt?
Auch wenn es verwirrend klingen mag, zur Europawahl werden nationale Parteien gewählt. Das bedeutet, auf dem Wahlzettel stehen deutsche Parteien wie die CDU, SPD, Bündnis ’90/Die Grüne. Es gibt demnach keine europäischen Parteien und auch keinen einheitlich europäischen Wahlkampf. Jedoch ist logisch, dass es dann innerhalb des Parlaments übernationale Formationen der nationalen Parteien geben wird. Diese werden dann doch oft als europäische Parteien bezeichnet, sind aber eigentlich nur Zusammenschlüsse aus den nationalen Parteien. So sind die zwei größten „Parteien“ im Europäischen Parlament die Europäische Volkspartei (Zusammenschluss der christlich-demokratischen und konservativ-bürgerlichen Parteien, aus Deutschland CDU/CSU) und der Sozialdemokratischen Partei Europas (Zusammenschluss der sozialdemokratischen und sozialistischen Partein, aus Deutschland SPD).
Neue Dynamik bekommt die Europawahl 2014 durch eine Verfahrensänderung, die in der Änderung der EU-Verträge in Lissabon 2009 verankert ist. So wählt das Europäische Parlament nun auch den Kommissionspräsidenten der EU, sodass jede übernationale Formation der Parteien einen Spitzenkandidaten präsentiert. Dieses aus dem nationalen Wahlkampf übernommene Verfahren soll die Attraktivität der Europawahl durch die Identifizierung mit Personen erhöhen.
Der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei ist der ehemalige Premierminister von Luxembourg Jean-Claude Juncker. Die meisten Chancen auf diesen Posten besitzt nach den Wahlprognosen des Eurobarometers aber der deutsche SPD-Politiker Martin Schulz. Der Präsident des Europäischen Parlaments seit 2012 tritt nun als Spitzenkandidat für den europäischen sozialdemokratischen Zusammenschluss der Parteien an.
Gibt es Wahlunterschiede zwischen den EU-Ländern?
Die Wahl der Abgeordneten im Europäischen Parlament ist zwar allgemein, direkt, frei und geheim jedoch nicht gleich. Denn auch wenn natürlich die wichtigsten Grundsätze für die Wahl festgelegt sind, so gibt es zahlreiche Details, die sich zwischen den 28 Nationen der EU unterscheiden. So zum Beispiel das Verfahren der Sperrklauseln. In Deutschland kennen wir in Bezug auf die Bundestagswahl eine sogenannte 5-Prozent-Hürde, die zu kleine Splitterparteien nicht in den Bundestag einziehen lässt, um stabile Regierungsbildungen zu ermöglichen. Am 25. Mai wird es in Deutschland keine Sperrklausel für die Europawahl mehr geben. Die Entscheidung fiel das Bundesverfassungsgericht, begründete, dass Sperrklauseln für die Europawahl nicht notwendig seien und belegte ihre Argumente mit dem Blick auf andere Mitgliedsstaaten, in denen auch keine Sperrklauseln existieren. Die Notwendigkeit enfiele laut der Entscheidung – aufgrund der Tatsache, dass sich aus dem Europäischen Parlament keine Europäische Regierung bilden würde. Wie oben schon beschrieben, besitzt das Parlament viel mehr die Aufgabe, die EU-Volkstimme möglichst genau abzubilden. Eine Sperrklausel würde dieses Bild verfälschen, weil es kleine Parteien benachteilige. Die Bewertung dieser Entscheidung ist umstritten.