An einem Samstag kam ich nach Leipzig, um in einem Garten einem akustischen Konzert zu lauschen. Es spielten verschiedene Künstler. Unter ihnen: Charles Goodrow. Ein Mann mit einer markanten Brille und einer mit weißem Stoff überzogenen Gitarre. Seine Lieder ließen einen in eine verträumte, nachdenkliche Stimmung versetzen.
Illustrationen: Sarah Eichert
Interview mit Charles Goodrow
Singer- Songwriter/ Amsterdam
Wann hast du angefangen Musik zu machen?
Mit meinen eigenen Liedern so ungefähr mit 16. Und dann bin ich, als ich 18 war nach Amsterdam gegangen und da hab ich dann als ernstzunehmender Musiker angefangen aufzutreten.
Dort bist du aber unter einem anderen Namen aufgetreten. Wie lautet dieser?
Dieser Name war Charles Frail, auch Charles.
Und unter diesem Namen hast du in Amsterdam bereits eine CD aufgenommen. Aber dort bist nicht nur du zu hören.
Genau, ich bin dabei mit Gesang und Gitarre. Dann ist bei dieser CD aber auch noch ein ganzes Orchester dabei, unter anderem mit Geigen und Cello und auch Schlagzeug. Die CD wurde unter dem Namen Charles Frail and The Moulting Frames aufgenomen. Aber leider nicht gleichzeitig. Die Moulting Frames, die Begleitband und ich waren noch nie zusammen. Das ist sehr schade, aber wenn man nicht viel Zeit hat und auch ein wenig des Geldes wegen hat man keine Wahl.
Wann hast du mit diesem Projekt angefangen?
Mit diesem Projekt, dem Charles Frail Projekt, hab ich mit 19 angefangen und das wurde dann immer größer und ist gewachsen, bis es ein Lied von über 40 min war. Aber dann hab ich später gedacht, dass das Charles Frail Projekt viel zu viel von meinem Leben in Anspruch genommen hat und dann hab ich angefangen auch andere Lieder zu schreiben.
Wie kam es, dass du nach Leipzig gezogen bist?
Eigentlich war das zufällig, ich wollte jetzt nicht speziell nach Leipzig. Ich bin hierher gekommen um einen Roman zu schreiben. Eigentlich war es mir egal, wo ich hinkomme. Ich wollte irgendwohin, wo es ein bisschen billig ist und man in Ruhe etwas anfangen kann. Dann sagte jemand zu mir „Versuch Leipzig!“ dann hab ich den nächsten Tag im Internet geschaut, zwei Tage später war ich in Leipzig und dann wohnte ich in Leipzig. Dann hat es mich voll gefangen. Ich hatte eigentlich vor drei Monate hier zu bleiben und jetzt bin ich nach einem Jahr immer noch hier.
Wieso machst du vorwiegend Musik nur mit deiner Stimme und der Gitarre, was möchtest du damit ausdrücken?
Eine schwierige Frage! Ich glaube für mich ist es das Wichtigste herauszufinden wie Wörter und Musik sich verhalten. Und hinter diesem Verhältnis zwischen Wörtern und Musik kann man am Besten in purer Form mit Gitarre und Stimme ausdrücken denke ich. Außerdem ist man ist sehr mobil, man kann es wohin man auch will mitnehmen.
Über welche Themen singst du?
Also das ist für jedes Projekt ein bisschen anders. mit Charles Frail war das immer ein bisschen kompliziert… Mit Charles Frail hatte ich die Idee Lieder über ‚Stream Of Consciousness‘ zu schreiben. Wie kann man das übersetzen? Die Idee vom Fluss des Bewusstseins. Aber das klingt ein bisschen doof im Deutschen muss ich sagen. In Englisch ist das cooler. Also die Idee ist, wenn man über etwas nachdenkt, dass es immer weitergeht. Ich glaube James Joyce zum Beispiel hat Romane mit Stream Of Conscousness geschrieben und das hat er getan um realistisch etwas zu schreiben.
Wenn man ein Lied schreibt oder ein Buch, dann ist das sehr konzentriert. Man schreibt nur über eine Sache und eigentlich ist das nicht realistisch. Es gibt viel mehr! Das finde ich sehr interessant und damit hab ich dann angefangen, Lieder über 40 min zu machen, die immer weiter gehen.
In dem Charles Goodrow Projekt singe ich Lieder, die von der Stadt handeln. Ich versuche immer kleine Geschichten zu schreiben. Zum Beispiel wie Leute sich verhalten. Ich schreibe auch darüber, dass man immer etwas sieht und denkt: ‚So sieht das aus‘, aber dass dahinter immer mehr steckt. Dass ein Leben immer verschiedene Masken und Ebenen hat und dass es kein selbstverständliches Leben gibt. Das sind die Grundthemen für dieses Projekt.
Sind bei den kleinen Geschichten auch Geschichten aus deinem eigenen Leben dabei?
Nein. Man sagt manchmal, wenn man das Leben genau so aufschreiben will so wie es ist, dann kommt es unrealistisch rüber. ‚Stranger than fiction‘ ist dafür so ein Begriff in der Literatur. Man kann oft etwas realistischer aufschreiben, wenn man es sich ausdenkt. Ja.. sehr interessant eigentlich.
Hat das Charles Goodrow Projekt erst in Leipzig angefangen?
Kurz bevor ich Charles Frail war, war ich Charles Goodrow für eine Woche in Amsterdam. Deswegen hab ich dann gedacht kann ich jetzt wieder Charles Goodrow werden.
Was hat es mit dem weißen Überzug der Gitarre auf sich?
Ich hatte das für das Charles Frail Projekt gemacht. Ein Projekt heißt „Mirror River“. Es geht um einen Spiegelfluss und ich hab die Gitarre in Stoff gewickelt, damit man einen Film darauf projizieren kann. Das ist dann erst das Lied von 40 min und danach gibt es noch ein visuelles Element.
Ab wann kann man es sich denn anschauen?
Das ist schwierig zu sagen. Das Problem ist, dass ich sehr viele Projekte habe und mich nicht wirklich entscheiden kann, weil ja auch alles Geld und Mühe kostet. Ich weiß noch nicht welches am ehesten kommt.
Ist für die Zeit in Leipzig jetzt eine CD oder ähnliches geplant?
Also ich hab in den Niederlanden zusammen mit einem Freund ein Charles Goodrow Projekt und ein Charles Frail Projekt. Ich hab dort auch ein Label. Dann gibt es noch zwei andere Projekte, die ich quasi in Leipzig anfange: (john c chadathan?) und lina montgomery und dann gibt es noch drei andere Projekte, die so halb fertig sind und noch einen Namen brauchen. Ja.. viel Arbeit noch!